Der Schlehdorn gehört zu den Steinobstgewächsen und gilt als Stammform unserer Kulturpflaume. Ihr Name leitet sich vom indogermanischen Wort (S)li ab, was 'bläulich' bedeutet und auf die Farbe der Früchte hinweist. Diese ursprüngliche Bedeutung findet sich als Silbe im bekannten Pflaumenschnaps 'Slivovitz' wieder.
Schlehen wurden von den Menschen schon seit altersher genutzt. Aus der schwärzlichen Rinde wurde beispielsweise bis ins Mittelalter Tinte gewonnen, wovon sich die weniger gebräuchliche Bezeichnung 'Schwarzdorn' ableitet. Das sehr dichte und harte Holz fand vorzugsweise Verwendung für Gehstöcke oder Drechslerarbeiten. Besonders begehrt waren aber die Blüten, Blätter und Früchte des Strauches: die Früchte als vitaminreiches Nahrungsmittel, die Blüten zur Zubereitung heilender Tees und die Blätter vorwiegend als Tabak- und Schwarzteeersatz. In unserer Zeit ist die Nutzung dieses attraktiven heimischen Wildobstgehölzes in Vergessenheit geraten.
Vom Standort her völlig anspruchslos wächst die Schlehe nahezu überall vom Tiefland bis in die Bergregionen (ca. 1.500 m), bevorzugt allerdings in der Sonne und auf kalkhaltigen Böden. Zu finden ist sie an Wald- und Wegrändern ebenso wie auf Böschungen und in Flurgehölzen. Der sommergrüne, dornenreiche und sehr dicht verzweigte Strauch erreicht gewöhnlich eine Wuchshöhe von durchschnittlich 2-3m und eignet sich ausgezeichnet als Heckenpflanze für den Garten.
Die Blüte der Schlehe ist ein imposantes Phänomen! Unzählige, auffällig reinweiße Blüten stehen einzeln dicht an dicht und sind so bereits im März und April weithin sichtbare Vorboten des Frühlings. Der leichte Mandelduft der Blüten verwöhnt unsere Nase. Honigbienen, 20 verschiedene Wildbienenarten, Schmetterlinge wie z.B. das Tagpfauenauge und viele andere Insekten finden an den nektarreichen Blüten ein üppiges Nahrungsangebot im zeitigen Frühjahr.
Ab September reifen die kugeligen, blauschwarzen, bis zu kirschgroßen Früchte der Schlehe. Sie sind reich an Vitamin C und Mineralstoffen, haben allerdings auch einen sehr hohen Gerbstoffgehalt, der erst infolge von Frosteinwirkung allmählich abgebaut wird. 'Mutige' können die Früchte schon vor dem ersten Frost probieren – der sauer-herbe Geschmack bietet allerdings keine Gaumenfreude und lässt den Mundraum förmlich 'taub' werden. Nach dem Frost werden die Beeren milder und schmecken süß-säuerlich. Der 'Rohgenuss' der Beeren ist eher zweifelhaft. In verarbeiteter Form sind sie aber jedenfalls eine Bereicherung für den Speiseplan!
Wunderbar eignen sich die Früchte zur Herstellung von Marmelade, Saft und vor allem Gelee, da sie einen hohen Pektingehalt haben. Ihr süß-saurer, herber Geschmack passt hervorragend zu Fleisch- und Wildgerichten. Vorzüglich schmecken auch Schlehenlikör, Schlehenwein, Schlehengeist und andere Spirituosen. Für die Verarbeitung gilt generell: die Früchte erst nach den ersten, kräftigen Frösten im November oder Dezember ernten. Man kann sie aber auch in der Gefriertruhe einige Tage lang kalten Temperaturen aussetzen. Aus den Blüten, die früher vorwiegend zur Teeherstellung verwendet wurden, kann ein herrlich fruchtiger süßer Sirup hergestellt werden, der kein bisschen an den Geschmack der Früchte erinnert.
Neben der kulinarischen Gaumenfreude haben die Produkte der Schlehe in der Volksmedizin ihre Bedeutung: der Blütentee wirkt leicht abführend , harn- und schweißtreibend, die Produkte aus den Früchten werden zur Behandlung von Rheuma, bei Verdauungsschwäche und zur Steigerung der allgemeinen Abwehrkräfte bei Erkältungskrankheiten genutzt.
Die Schlehe zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Tiere! Sie gilt einerseits auf Grund ihrer nektarreichen Blüten (nach Schick und Spürgin¹: Nektarwert 3/gut, Pollenwert 2/befriedigend)
und ihrer Blätter, die vielen Schmetterlingen wie z.B. dem Segelfalter als Raupenfutter dienen, als ausgesprochene Schmetterlingspflanze. Andererseits ist sie durch ihren dornigen, dicht verzweigten Wuchs ein ideales Vogelschutzgehölz. Hier finden Vögel perfekte Nistbedingungen, geschützte Rast- und Schlafplätze, aber auch Nahrung: im Sommer Insekten und im Winter Früchte. Die Früchte der Schlehe bleiben bis in den Winter hinein am Strauch und bieten so in einer futtermäßig kargen Jahreszeit Nahrung. Zu den Nutznießern der Früchte gehören 20 verschiedene Vogelarten, darunter auch der Kernbeißer sowie 18 Kleinsäugetierarten.
Der anspruchslose 2-3 m hohe Strauch eignet sich durch seine üppige Blütenpracht und dem schönen, essbaren Fruchtschmuck hervorragend für den Garten. Besonders effektvoll wirkt er als Blütenhecke in Kombination mit Wildrosen, Berberitzen und Sanddorn! Er benötigt weder Düngung noch sonstige Bodenpflege! Am jungen Holz ist er schnittverträglich. Rückschnitte ins alte Holz werden hingegen schlecht vertragen. Wichtig zu wissen ist, dass die Pflanzen Wurzelausläufer bildet, die bei begrenztem Platzangebot lästig werden können und entfernt werden müssen. Andererseits erlangt die Schlehe gerade durch diese Wurzelausläufer eine besondere Bedeutung bei der Befestigung von Hängen und Böschungen in rutschgefährdeten Lagen und der Neubegrünung von frisch geschütteten Böschungen!
¹ Schick B. & Spürgin A. (1997): Die Bienenweide. Handbuch der Bienenkunde. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart.